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Die Häschenschule - Jagd nach dem Goldenen Ei
Filmbewertung: überzeugend
Starttermin: 16.03.2017
Regisseur: Ute von Münchow-Pohl
Schauspieler: Noah Levi, Senta Berger, Friedrich von Thun
Entstehungszeitraum: 2017
Land: D
Freigabealter: 0
Verleih: Universum
Laufzeit: 76 Min.
Wo sich Fuchs und Has' den Kampf ansagen
Es gibt Buchvorlagen, die als nicht verfilmbar gelten. Das kann an einer zu komplexen Sprache oder der ausufernden Geschichte liegen. Bei dem immer noch sehr beliebten Kinderbuchklassiker "Die Häschenschule" aus dem Jahr 1924, der in zehn Minuten vorgelesen ist, stellte sich dagegen die Frage, mit welchem Inhalt die anderen 70 Minuten für eine Kino-Spielfilmproduktion gefüllt werden könnten. Das Kreativteam rund um Regisseurin Ute von Münchow-Pohl ("Der kleine Rabe Socke") löste dieses Problem bravourös und fantasierte einen modernen Stadthasen hinzu, der selbst nicht glauben kann, dass es die "Häschenschule" wirklich gibt - bis er durch einen Zufall dort landet.

Wie beim Lesen des Buchs betreten die Besucher der "Häschenschule" eine ihnen zugleich fremde, aber auch vertraut wirkende Schulwelt. Ein Lehrer mit dem spöttisch gewählten Namen Eitelfritz (gesprochen von Friedrich von Thun) führt das Regiment, zieht Hasenohren lang und stellt in seinen Versen übers Ostereieranmalen klar: "Wer's nicht kann, der darf auf Erden nie ein Osterhase werden." Im Film personifiziert der Hasenjunge Max die junge Leserschaft: Er betritt stellvertretend für die Kinder die idyllische Osterhasen-Schmiede und darf sich ebenso wie sie über die seltsam wirkenden Gepflogenheiten wundern.

Max ist ein mit allen Wassern gewaschenes City-Langohr, das genau weiß, wo und wie man sich Möhren organisiert. Das Coolste für ihn wäre eine Mitgliedschaft bei der Gang "Wahnsinnshasen", doch da kommt ihm die "Häschenschule" dazwischen. In einer typischen Fish-out-of water-Situation muss er sich in diesem altmodischen Ausbildungscamp, das von einer hohen Hecke abgeschirmt wird, zurechtfinden. Kleidung, Sprache, aber auch Regeln und die Disziplin kommen Max merkwürdig vor.

Die Idylle findet er alles andere als lässig, lehnt sie sogar ab. Ein paar sanft erzählte Spannungsmomente später erst versteht der Neuling, was die Häschen sich erschaffen haben. Und diese Welt ist bedroht von den Füchsen, die sich nichts mehr wünschen, als endlich auch einmal die bei den Menschen beliebte Tiere zu sein und beim Osterfest die Hauptrolle zu spielen. Doch dafür benötigen sie das in der "Häschenschule" gut versteckte Goldene Ei.

"Aus dem Fuchs, dem bösen", der im Buch vor allem an Hasenbraten denkt, wurde im Film eine Fuchsfamilie, die sich mit wenig Erfolg im Flechten von Osterkörbchen und Eierbemalen versucht. Für ihren großen Traum, die Hasen als Eierbringer abzulösen, greifen sie zu allen Mitteln und kommen so dem Klischee des verschlagenen, gerissenen Tiers nah. So absurd die Idee des Osterfuchses zunächst erscheint, sie ist keine Erfindung der Filmemacher: In Teilen Westfalens gibt es diese Tradition tatsächlich.

Apropos Tradition, im Film trifft das christliche Hochfest Ostern auf fernöstliche Philosophie, denn die Stärke der Langohren liegt auch in inneren Ruhe - Karate Kid lässt grüßen. Trotzdem ergibt sich ein stimmiges Bild, Hasen-Zen-Meisterin Hermine (gesprochen von Senta Berger) wird gar zum Bindeglied zwischen Gestern und Heute. Im Gegensatz zu Eitelfritz mit seinen altmodischen Belehrungen reicht sie dem Außenseiter Max im Dialog die Hand und spricht geheimnisvolle Weisheiten. Was bei beiden Lehrern jedoch zählt, ist der Zusammenhalt in einer Gemeinschaft.

Diese Botschaft lässt sich in dieser geschickt modernisierten Version der "Häschenschule" auch den Kleinsten vermitteln. Spannend, ohne Angst einzujagen, kann sich hier die ganze Familie bestens unterhalten lassen und mitfiebern, wer am Ende das Goldene Ei in seinen Pfoten halten wird.

Von Diemuth Schmidt