rewirpower.de – Das Revierportal


Alien: Covenant
Filmbewertung: überzeugend
Starttermin: 18.05.2017
Regisseur: Ridley Scott
Schauspieler: Michael Fassbender, Katherine Waterston, Billy Crudup
Entstehungszeitraum: 2017
Land: USA / GB
Freigabealter: 16
Verleih: Fox
Laufzeit: 122 Min.
Wo kommt es her?
Wenn jemand zwei Minuten nach seiner Erschaffung auf dem Klavier "Der Einzug der Götter nach Walhalla" aus Richard Wagners "Rheingold" spielen kann, dann handelt es sich sehr wahrscheinlich um ein ziemlich perfektes Wesen. Wenn Ridley Scott diesem Wesen den Auftakt seines neuen Films überlässt und ihn voller Missachtung auf seinen Schöpfer herabblicken lasst, kann er sich noch so viel Mühe geben, um seinen neuen Science-Fiction-Streifen als "Alien"-Film zu verkleiden. "Alien: Covenant", die Fortsetzung des "Alien"-Prequels "Prometheus" (2012), will im Kern ein philosophischer Essay sein über die ganz großen Fragen des Lebens. Dass es darin blutig zugeht, dass Kolonialisierungsbestrebungen im Weltraum zum Horrortrip werden und dass überall Monster lauern, ist der Versuch, die schwere Kost leichter verdaulich für Genrefans zu machen.

Das perfekte Wesen in der ersten Szene ist David (Michael Fassbender), der Androide, den Ridley Scott in "Prometheus" zu einer intergalaktischen Forschungsreise durch das Weltall schickte. Am Ende des Films konnte sich die Maschine zusammen mit einer Wissenschaftlerin vor einem Alien in einer frühen Evolutionsstufe retten. Zehn Jahre später ist sein Nachfolgemodell Walter auf dem Raumschiff "Covenant" mit Hausmeisterarbeiten beschäftigt, während die Crew und 2.000 Kolonisten den Cryo-Schlaf der Gerechten schlafen.

Doch dann geht schief, was schief gehen kann. Ein Sonnensturm sorgt für ein böses Erwachen, der alte Captain (James Franco in einem Cameo) ist tot, der neue (Billy Crudup) hilflos, und ein Notsignal lockt die Besatzung auf einen fremden Planeten. Dort läuft eine taffe Frau (Katherine Waterston) zur Höchstform auf, während die anderen Mitglieder der Reisegruppe in einer Mischung aus Dummheit und Hilflosigkeit zu Opfern einer grauenhaften Bestie werden.

Alles beim Alten ist bei "Alien: Covenant" aber nur die Oberfläche. Ridley Scott nutzt den Film als Vehikel für die Suche nach dem Ursprung. Er will das Wesen der Existenz ergründen, das Verhältnis der Menschen zu ihren Göttern ausloten. Scott lässt den Androiden Walter und seinen "Bruder" David lange, sehr lange über den Glauben, die Schöpfung und über den Wert des Lebens reden. Das wird von Fassbender in einer Doppelrolle schauspielerisch vortrefflich gemeistert, ist aber ziemlich anstrengend und zeitaufwendig.

Irgendwann muss dann alles ganz schnell gehen. Also spielt Scott die bewährte "Alien"-Partitur im letzten Drittel des Films im Rekordtempo herunter. Dieser Zeitraffer ist mehr pflichtbewusst als kohärent. Er wirkt ganz so, als würde der "Alien"-Erfinder seiner Fangemeinde (und dem geldgebenden Studio) gegenüber in einer Art Bringschuld stehen. The franchise must go on!

Facehugger, Chestburster, Xenomorphe, enge Gänge, verrückte Fluchtpläne, die schiefgehen: Hier geht's im Rekordtempo zur Sache, manchmal auch auf Kosten der Logik. So schnell wie in "Alien: Covenant" wurden Infizierte noch nie gewaltsam von innen geöffnet.

Der unvermeidliche Endkampf mag modern inszeniert sein, und es ist bewundernswert, mit welchem Elan sich der 79-jährige Ridley Scott seiner visuell beachtlichen Horrorspielerei widmet. Aber diese komprimierte Alienisierung ist eine Dissonanz in einem Film, der sich die meiste Zeit herzlich wenig um sein Erbe geschert hat - so passend wie ein Wiener Walzer in der Wagner-Oper, die David seinem Schöpfer im Prolog vorspielt.

Ganz davon abgesehen, dass es manchmal einfach besser ist, Dinge nicht zu erklären. Auch darunter leidet "Alien: Covenant": an diesem Prequels immanentem Zwang, Erläuterungen liefern zu müssen, für Dinge, die in früheren Filmen so wunderbar rätselhaft blieben. Was ist denn so schlimm daran, spekulieren zu wollen, warum die Xenomorphe so aussehen wie sie aussehen? Oder warum sie so kompromisslos bösartig sind? Warum sie etwas gegen das Leben an sich haben?

Ridley Scott kümmert sich nun um all jene offenen Fragen, die "Alien"-Fans in "Prometheus" unbefriedigt zurückließen. Weil er den Auftakt der Prequel-Trilogie - Teil drei soll 2018 gedreht werden - zu einer mystischen Schöpfungsgeschichte über Götter und Erkenntnis machte, waren seine Antwortmöglichkeiten eingeschränkt - und sind ziemlich profan geraten.

Androide jedenfalls träumen nicht von elektrischen Schafen. Sie träumen von Allmacht und Schöpfergewalt und verüben im Streben nach Perfektion schon mal den einen oder anderen Genozid. So etwas kann kein gutes Ende nehmen. Das ist nicht erst seit dem ersten "Alien"-Film 1979 bekannt. Als Beitrag zur Diskussion über das Verhältnis zwischen Schöpfer und Geschöpfen bringt "Alien: Covenant" ein paar erfrischende Denkansätze mit, vor allem angesichts der immer bedingungsloseren Anbetung von Siri, Alexa und wie sie alle heißen. Dazu wären aber keine unzerstörbaren Monster aus fremden Welten nötig gewesen.

Von Andreas Fischer