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Die Grundschullehrerin
Filmbewertung: überzeugend
Starttermin: 15.02.2018
Regisseur: Hélène Angel
Schauspieler: Sara Forestier, Vincent Elbaz, Patrick d'Assumçao
Entstehungszeitraum: 2016
Land: F
Freigabealter: 0
Verleih: Alamode
Laufzeit: 105 Min.
Das Leben ist eine harte Schule
Kinder haben es heutzutage nicht leicht. Ständiger Druck, Konkurrenzkampf untereinander sowie die kleinen und großen Wehwehchen gehören für sie zum Alltag. Schon in der Grundschule fängt für viele der Ernst des Lebens an. Das ist in Frankreich nicht anders als in Deutschland. Nur mit dem Unterschied, dass die Kinder bei unserem Nachbarn erst nach der fünften Klasse in eine weiterführende Schule wechseln. "Die Grundschullehrerin" ist aber mehr als nur eine Sezierung des Schulalltags der Kinder und Lehrer. Die Tragikomödie erzählt sowohl die Geschichte der Lehrerin Florence Mautret (Sara Forestier), ihrem Verhältnis zu ihrem Sohn (Albert Cousi) und vom Leben des Rowdys Sacha (Ghillas Bendjoudi), dem das Leben schon so früh übel mitspielt. Regisseurin Hélène Angel schafft es, einen Film auf die Leinwand zu bringen, der gleichzeitig berührt und aufklärt.

Florence Mautret (Sara Forestier) ist Grundschullehrerin an einer Schule in Grenoble und unterrichtet die fünfte Klasse. Unter ihren Schülern ist ihr Sohn (Albert Cousi), mit dem sie gemeinsam in einer Wohnung im Schulhaus lebt. Als eines Tages Sacha (Ghillas Bendjoudi) in ihrer Klasse steht, setzt die Lehrerin alles daran, ihn nicht hängen zu lassen. Denn seine Mutter (Laure Calamy) ist nicht in der Lage, gut für ihren Sohn zu sorgen.

Wut und Aggression sind sein Weg, um mit der Situation klar zu kommen. Florence kann sich aber nicht allein auf Sacha konzentrieren, denn auch ihr Sohn macht eine schwierige Zeit durch, ihre Klasse braucht sie ebenfalls. Unterstützung bekommt sie von einigen ihrer Lehrerkollegen und Mathieu (Vincent Elbaz), dem Ex-Freund von Sachas Mutter. Doch langsam aber sicher gerät ihre Welt aus den Fugen, ihre Qualitäten als Lehrerin werden ordentlich auf die Probe gestellt.

Mag sich der Plot auch ein wenig lesen wie eine Mischung aus "Monsieur Mathieu und seine Kinder" und "Fack ju Göhte", so steckt doch viel mehr dahinter. Zwar ist "Die Grundschullehrerin" nicht so fein konzipiert wie manch andere Filme mit dieser Thematik und, Gott sei Dank, auch nicht so plump wie die deutschen Kassenschlager, so glänzt er vor allem durch eines: Authentizität.

Sarah Forestier mimt auf ganz wunderbare Weise die engagierte und auf die Schule fokussierte, aber auch ein wenig überforderte Lehrerin Florence. Ihr Spiel mit den Kindern, allen voran ihr Leinwandsohn Denis und Rabauke Sacha, ist liebevoll, aber streng. Genau so, wie man sich eine tolle Lehrerin vorstellt.

Aber auch die anderen Charaktere, von verpeilten Lehrern bis hin zu solchen, die eigentlich nur wegen der Ferien Beamte geworden sind, sind warm und sympathisch gezeichnet. Da sieht man dann auch gerne darüber hinweg, dass so manche Liebelei etwas vorschnell entsteht und das Verhalten einiger Personen nur schwer nachzuvollziehen ist.

Gerade kleine Momente, wie die Situation mit dem aggressiven Jungen Sacha, werden großartig behandelt. Denn wer zunächst vermutet, dass seine Mutter ein Sozialfall ist, der irrt, und der Film schafft es so, dem Zuschauer zu beweisen, dass viele Probleme nicht unbedingt eine Frage des sozialen Status sind. Genauso wenig wie Lernschwäche oder andere Probleme von Kindern. Dadurch gewinnt "Die Grundschullehrerin" an Tiefe, ohne den Zeigefinger heben zu müssen.

Wen interessiert, was heutzutage in Grundschulen für Probleme aufkommen können, dem sei "Die Grundschullehrerin" wärmstens ans Herz gelegt. Egal ob in Frankreich oder Deutschland - die Probleme, Missstände und Aufopferungen mancher Lehrer ähneln sich, und "Die Grundschullehrerin" schafft es, Themen wie Inklusion, Vernachlässigung und Stress spielerisch und sympathisch in einen Kontext zu packen, den jeder der Zuschauer kennt. Denn die Schulzeit war doch die schönste Zeit - oder nicht?

Von Sarah Schindler