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Docteur Knock - Ein Arzt mit gewissen Nebenwirkungen
Filmbewertung: enttäuschend
Starttermin: 22.02.2018
Regisseur: Lorraine Levy
Schauspieler: Omar Sy, Alex Lutz, Ana Girardot
Entstehungszeitraum: 2017
Land: F
Freigabealter: 6
Verleih: Wild Bunch
Laufzeit: 114 Min.
Misslungener Placeboeffekt
Die Vorlage zum französischen Film rund um den charmanten Hochstapler Knock ist inzwischen knapp 100 Jahre alt. Jules Romains' Arzt im Bühnenstück "Knock oder der Triumph der Medizin" ist allerdings deutlich skrupelloser als die jetzige Neuinterpretation auf der Kinoleinwand. Zwielichtig und geldgierig ist Romain's Doktor. Regisseurin Lorraine Lévys Knock unterscheidet sich vor allem durch den Charme, den Darsteller Omar Sy durchgehend versprüht. Dabei wird zu oft auf eine kritische Betrachtung verzichtet, Nebencharaktere gehen unter, und Tiefgang sucht man in "Docteur Knock - Ein Arzt mit gewissen Nebenwirkungen" vergeblich.

Frankreich zu Anfang der 50er-Jahre: Knock (Omar Sy) ist ein Ganove. Mit Kavaliersdelikten hält er sich über Wasser. Als zwei Schuldeneintreiber ihm auf der Spur sind, heuert er kurzerhand auf einem Kreuzfahrtschiff an, um ihnen zu entkommen. Allerdings als Schiffsarzt - ganz ohne medizinische Ausbildung oder irgendwelche Kenntnisse in diese Richtung. Ein halbes Jahr schippert er so über die Meere und kommt damit durch.

Das Thema Gesundheit lässt ihn danach aber nicht los, und Knock studiert Medizin. Fünf Jahre später landet er im verschlafenen Örtchen Saint-Mathieu und wird Dorfarzt. Doch Knock wäre nicht Knock, wenn er sich mit der schnöden Behandlung von Patienten, denen einfach nichts zu fehlen scheint, zufriedengeben würde. Er möchte Geld verdienen. Daher überzeugt er die eigentlich gesunden Patienten davon, krank zu sein. Die Folge: Sie rennen ihm die Praxis ein. Doch das Glück hält für Knock nicht lange, denn die Vergangenheit holt ihn ein - und dann verliebt er sich auch noch in Adèle (Ana Girardot) - da ist Trouble vorprogrammiert.

Die Leinwandadaption krankt leider am Charme des Protagonisten. Denn Kritik an seinem Handeln wird von Omar Sys ansteckend guter Laune einfach weggezaubert. Die durchgehend sonnige Kulisse im ländlichen Frankreich tut ein Übriges. So fällt es schwer, sich selbst klarzumachen, dass der falsche Doktor eigentlich ein nicht ganz so nettes Spiel spielt. Zwar ist der Leinwandarzt nicht so skrupellos wie die literarische Vorlage, aber dennoch hätte es ruhig ein wenig mehr charakterliche Tiefe und Hinterfragen sein dürfen. Der Pfarrer ist der Einzige, der Knock kritisch sieht, was aber niemanden interessiert. Auch nicht den Zuschauer. Ist aber auch einfach zu idyllisch, die Kulisse und der Feel-Good-Moment.

Würde man nicht wissen, dass "Docteur Knock - Ein Arzt mit gewissen Nebenwirkungen" eine durchaus ernste und zynische Vorlage hat, so könnte man den Film einfach als französische Wohlfühlkomödie schauen. Trotzdem stellt sich oft das Gefühl ein, dass auch diese Interpretation zu sehr über das Thema Manipulation und - überspitzt gesagt - Abzocke hinwegsieht. Zwar rettet vor allem Omar Sy die erste Hälfte durch seine charmant-spitzbübische Art, aber im zweiten Teil kommt selbst er nicht mehr gegen die Problematik von Zwielichtigkeit an. Denn Knock ist und bleibt ein zweifelhafter Charakter. Das wird aber genauso wenig kritisch beleuchtet, wie auf die Nebencharaktere und deren Geschichten eingegangen wird. Schade, denn da hätte es durchaus Potenzial für Tiefgang gegeben.

Lorraine Lévys zwanghaftes Bemühen, einen einst äußerst zwielichtigen und skrupellosen Knock zu einem spitzbübischen Charmebolzen umzuwandeln, konnte nur schiefgehen, und "Docteur Knock - Ein Arzt mit gewissen Nebenwirkungen" wird so zu einer belanglosen Komödie. Da helfen dann auch ein gewohnt charmanter Omar Sy und das französische 50er-Jahre-Landidyll nicht.

Von Sarah Schindler