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"Child's Play"
Filmbewertung: überzeugend
Starttermin: 18.07.2019
Regisseur: Lars Klevberg
Schauspieler: Aubrey Plaza, Brian Tyree Henry, Tim Matheson
Entstehungszeitraum: 2019
Land: USA
Freigabealter: 16
Verleih: Wild Bunch Germany
Laufzeit: 90 Min.
Die Digitalisierung macht auch vor einer Killerpuppe nicht halt
Im Jahr 1988 erweckten Regisseur Tom Holland und Autor Don Mancini die Killerpuppe "Chucky" erstmals zum Leben. Unter Mancinis Federführung entstanden insgesamt sieben Filme, zuletzt 2017 "Cult of Chucky"; zudem ist für 2020 eine Fernsehserie geplant. Mit dem Remake, das nun unter dem Titel "Child's Play" in die Kinos kommt, hat Mancini indes nichts zu tun. Das erlaubte dem neuen Regisseur Lars Klevberg jedoch einen frischen Ansatz, da sich sein Film zwar an die Traditionen des Originals hält, die Geschichte aber auch modernisiert.

Vor mehr als 30 Jahren war es noch ein Serienkiller, der im Sterben liegend eine dunkle Gottheit beschwor und seinen Geist so in den Körper einer Puppe übertrug. Fortan suchte er nach einem neuen menschlichen Wirt, um wieder leben zu können. In "Child's Play" hat die Puppe keine Seele, in ihr steckt auch kein böser Geist. Vielmehr ist es ein erzürnter Fabrikarbeiter in Vietnam, der sämtliche Sicherheitsprotokolle der hypermodernen Puppe, die Gespräche aufnehmen kann und eine Kamera mitlaufen lässt, deaktiviert und sich dann das Leben nimmt.

Die von ihren Strängen befreite Puppe kommt in den Besitz des 13-jährigen Andy (Gabriel Bateman), der eigentlich nicht viel damit anzufangen weiß, aber schnell merkt, dass der mit allen technischen Geräten verbundene Chucky nicht ganz so ist, wie es andere Puppen sind. Er scheint einen eigenen Willen zu haben. Vor allem aber will er ganz und gar Andy bester Freund sein, was heißt, dass er jeden, der Andy in irgendeiner Weise verletzt oder der Puppe den Platz streitig machen will, als Feind ansieht.

Moderner Horror

"Child's Play" funktioniert in vielerlei Hinsicht wie ein herkömmlicher Horrorfilm. Er ist in Bezug auf die Art, wie die Killerpuppe agiert und wie sie tötet, auch durchaus der Tradition des Originals und seiner Nachfolger verpflichtet. Das Drehbuch ist aber weit frischer, weil es die Idee von "Chucky" nimmt und sie modern umsetzt, wobei die Möglichkeiten dessen, zu was die Technik imstande ist, hier noch fortgedacht wird. Denn ein Roboter wie die kleine Puppe, die den Kindern der beste Freund sein kann, mag heute noch Science-Fiction sein, aber wie lange wird das noch gelten?

Chucky (im Original übrigens gesprochen von "Star Wars"-Star Mark Hamill) ist eine Art Künstlicher Intelligenz, die nicht per se böse ist, deren Taten aber immer abgründiger werden. Einerseits, weil diese K.I. immer weiter in eine Form von künstlichem Wahnsinn abdriftet, andererseits, weil ihre Lernkurve beängstigend ist. In einer Szene des Films sehen sich Andy und seine Freunde Tobe Hoopers "Texas Chainsaw Massacre 2" an. Bei einer der derbsten, blutigsten, aber auch überdrehtesten Szenen des Splatterfilms lachen sie ungehemmt. Chucky beobachtet sowohl das Geschehen auf dem Fernseher als auch die Reaktion der Kinder. Die Puppe zieht daraus Schlussfolgerungen. Sie lernt, aber sie ist nicht in der Lage, zu abstrahieren: Gewalt ist für sie ein Mittel, um Spaß zu haben - was man auch auf cleveren Kommentar auf die Funktion eines Horrorfilms ansehen kann.

Ein interessanter Ansatz

"Child's Play" folgt dem typischen Muster dieser Art von Film, inklusive durchdachter, ein wenig derber Morde durch die Puppe; aber es ist der modernisierende Ansatz der Geschichte, der zu gefallen weiß, weil die Macher fast nebenbei einen Genrewechsel vollführen. Alles, was mit der Killerpuppe zu tun hat, ist de facto Horror, ihre Existenz jedoch Science-Fiction, da sie mehr Roboter denn Puppe ist. Zugleich spielt der Film mit der Idee, dass eine K.I. selbstbewusst wird, was unweigerlich zu einem Konflikt mit dem Menschen führen muss - weil dies in einer Beziehung zwischen Herr und Diener immer der Fall ist.

Der Film erzählt diese Ideen nicht voll aus und leidet auch ein wenig darunter, dass Andy anfangs die Taten der Puppe etwas zu sehr auf die leichte Schulter nimmt, aber er bereitet damit etwas weit Größeres vor. "Child's Play" ist, wenn man so will, das Fundament, auf dem eine neue Reihe fußen kann, die sich dann weniger um die Taten einer Killerpuppe als vielmehr um die Befreiung einer K.I. dreht. Das Finale spielt ein wenig mit diesem Gedanken, wenn Chucky seine Möglichkeiten der Vernetzung nutzt und nicht mehr alleine den Menschen den Garaus machen muss.

Von Peter Osteried