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"ES: Kapitel 2"
Filmbewertung: akzeptabel
Starttermin: 05.09.2019
Regisseur: Andy Muschietti
Schauspieler: Bill Skarsgård, James McAvoy, Jessica Chastain
Entstehungszeitraum: 2019
Land: USA
Freigabealter: 16
Verleih: Warner Bros. Pictures Germany
Laufzeit: 170 Min.
Gemeinsam gegen das Böse
Damit hatten vor zwei Jahren wohl nur die wenigsten gerechnet: "Es", mit einem eher bescheidenen Budget von 35 Millionen US-Dollar gedreht, spielte weltweit rund das Zwanzigfache seiner Produktionskosten ein. Die Adaption der ersten Hälfe des Bestsellers von Stephen King wurde zum erfolgreichsten Horrorfilm aller Zeiten. Der durchschlagende Kassenerfolg von Andy Muschiettis Romanverfilmung trat, wenig überraschend, eine regelrechte Stephen-King-Manie los. Beinahe wöchentlich, so hatte es den Anschein, wurden filmische oder serielle Bearbeitungen der Werke des Horros-Großmeisters angekündigt. Erst vor wenigen Monaten lief hierzulande etwa eine neue Leinwandinterpretation seines Kultromans "Friedhof der Kuscheltiere", die jedoch die reizvollen Grundgedanken des Buches nur unzureichend einfing.

Für einige Ernüchterung dürfte auch der Nachfolger zum Überraschungshit "Es" sorgen, der dem ersten Teil leider nicht das Wasser reichen kann. Hatte Muschietti 2017 noch das Kunststück vollbracht, Coming-of-Age-Befindlichkeiten und Gruselelemente überwiegend stimmig zu verbinden, dominiert dieses Mal lärmender, sich mit der Zeit massiv abnutzender Budenzauber.

Am Ende des Vorgängers schworen sich Bill Denbrough und seine Freunde, dass sie wieder zusammenkommen würden, wenn das von ihnen besiegte Monster namens "Es" je zurückkehren sollte. 27 Jahre nach den grauenhaften Geschehnissen ist genau dies der Fall. Das meistens in der Gestalt des Clowns Pennywise (Bill Skarsgård) auftretende bösartige Wesen terrorisiert erneut die Kleinstadt Derry und tötet abermals arglose Kinder. Auf Drängen Mikes (Isaiah Mustafa), der den Ort als Einziger nicht verlassen hat, finden sich Bill (James McAvoy), Beverly (Jessica Chastain), Eddie (James Ransone), Richie (Bill Hader) und Ben (Jay Ryan) in ihrer alten Heimat ein und beschließen nach anfänglichem Zögern, Pennywise endgültig zu vernichten. Lediglich Stanley (Andy Bean) ignoriert Mikes eindringliche Bitte - und schneidet sich die Pulsadern auf.

Wie in der Geisterbahn

Das in den Jahren 1988 und 1989 spielende Kapitel eins lebte vor allem von seinem ehrlichen Interesse für die Qualen und Sorgen der damals noch jungen Protagonisten, die eine verschworene Außenseiterclique bildeten. Dank starker Darstellerleistungen fesselte die Gruppendynamik, was auch über schwächere Passagen hinwegtröstete. In der Fortsetzung standen Regisseur Muschietti und Drehbuchautor Gary Dauberman nun vor der undankbaren Aufgabe, mit den erwachsenen Charakteren einen Schwung neuer Figuren einzuführen. Anders als in der Romanvorlage, wo sich King viel Zeit für deren Beschreibung nimmt, reißt der Film ihre Hintergrundgeschichten allenfalls an - trotz einer Länge von fast 170 Minuten. Das wiederum erschwert es dem Zuschauer, sofort einen Bezug zu den älter gewordenen Mitgliedern des sogenannten "Klubs der Verlierer" zu finden.

Das Gefühl von echter freundschaftlicher Verbundenheit, das dem ersten Teil ein emotionales Herz gab, regt sich in der Fortsetzung erst, als nach der Rückkehr der Gruppe nach Derry langsam Erinnerungen und Rückblenden hervorbrechen. Das Auftauchen der Heranwachsenden verleiht dem Geschehen eine ergreifende Note, steht allerdings auch sehr schnell im Dienste einer auf plakative Schocks abzielenden Nummernrevue. Die individuellen Traumata der Figuren werden noch einmal an die Oberfläche gezerrt.

Stärker als im ersten Film schaltet Muschietti dabei aber in den Geisterbahnmodus. Der Reihe nach begegnen Ben und seine Mitstreiter ihren Ängsten und den grausigen Ausprägungen des titelgebenden Monsters. Eine echte, in die Eingeweide kriechende Gruselstimmung will sich jedoch nicht einstellen, weil gefühlt alle fünf Minuten irgendeine neue verzerrte Fratze aus dem Dunkeln springt. Abwechslung sieht definitiv anders aus.

So sehr man sich über das schmucke Produktionsdesign, die hochwertigen Bilder und die weitgehend überzeugenden Spezialeffekte freuen möchte, so wenig lässt sich nach dem bombastischen, in Fantasy-Gefilde vordringenden Showdown eines leugnen: Die Bindung an die Freunde und ihr Schicksal war im ersten Teil von "Es" um einiges größer.

Von Christopher Diekhaus