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"Die Wache"
Filmbewertung: überzeugend
Starttermin: 12.12.2019
Regisseur: Quentin Dupieux
Schauspieler: Benoît Poelvoorde, Grégoire Ludig, Marc Fraize
Entstehungszeitraum: 2018
Land: F
Freigabealter: 6
Verleih: Little Dream Pictures
Laufzeit: 74 Min.
Alles ist Wahnsinn
Ein Kommissar, der nicht locker lässt, ein Zeuge, der wieder und wieder die gleiche Geschichte erzählt, und ein Mord, der sich partout nicht aufklären lassen will: Das klingt nach klassischem Krimikammerspiel, ist es aber nur bedingt. Denn der Franzose Quentin Dupieux hat den Film "Die Wache" gemacht, ein Künstler also, der sich mit Streifen wie der Killerreifen-Satire "Rubber" und der schrillen Sinnlosigkeit "Wrong" der Absurdität verschrieben hat. Auch das Dauerverhör in der Wache wird von einer ganzen Reihe seltsamer Ereignisse flankiert, die nicht nur die Wahrheitsfindung torpedieren, sondern auch das Realitätsempfinden des Publikums.

Alles an "Die Wache" ist grotesk, angefangen bei der Polizeistation, die, in allen erdenklichen Brauntönen gestrichen, eher ein düsteres Gefängnis der Gedanken ist als ein Ort der Aufklärung. In diesem deprimierenden Umfeld fühlt sich Kommissar Buron (Benoît Poelvoorde, "Das brandneue Testament") ziemlich wohl. Er ist ein selbsterklärter harter Hund und genießt die Macht, die er kraft seiner Dienstmarke hat. Allein: Buron ist, objektiv betrachtet, nicht der Hellste. Trotteliger ist nur sein einäugiger Assistent (Marc Fraize), der mit seinen verbalen Sinnlosigkeiten den ausgesucht höflichen Zeugen Fugain (Grégoire Ludig) komplett in den Wahnsinn treibt.

Maximale Verwirrung

Fugain hatte vor drei Tagen eine Leiche gefunden und die Polizei alarmiert. Seither ist er ein Gefangener des Wahnsinns, der in der Wache um sich greift, weil ihn Buron des Mordes verdächtigt. Immer wieder lässt sich der Kommissar die Ereignisse der fatalen Nacht erzählen, tippt das Protokoll mit zwei Fingern in eine klapprige Schreibmaschine, philosophiert über angeknabberte Mars-Riegel und versucht am Telefon, mit überschaubarem Erfolg eine private Verabredung zu organisieren.

"Ich habe mich noch nie so fürchterlich bei einer Befragung gelangweilt!", platzt es irgendwann aus Buron heraus. Was angesichts der Banalitäten, die er immer wieder von seinem bemitleidenswerten Gegenüber einfordert, kein Wunder ist.

So viel leeres Geschwätz muss man sich erstmal trauen. Aber auch wenn die Wörter, die Regisseur Dupieux ins Drehbuch schrieb, vor allem leere Hülsen sind, erfüllen sie doch einen Zweck: mit zunehmender Hysterie maximale Verwirrung stiften. Hin und wieder platzen dann noch ein paar weitere Figuren in die absurde Verhörsituation, die alle nur ein Ziel verfolgen: die kafkaeske Schlinge um den Hals Fugains enger zu ziehen. Mehr noch: Auch als Zuschauer bekommt man ein groteskes Update der Wirklichkeit verpasst. Was Realität ist und was Illusion, das kann man jedenfalls irgendwann nicht mehr unterscheiden.

Von Andreas Fischer