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Rassistisch, sexistisch, antisemitisch: Umstrittener Film gewinnt beim Filmfestival DOK Leipzig
"Dürfen die das?" ist eine Frage, die man in solchen Fällen gerne stellt. Regisseur Pablo Ben Yakov und Kameramann André Krummel zeigen in ihrem Dokumentarfilm "Lord of the Toys" den Alltag einer Clique von YouTubern aus Dresden. Es ist ziemlich bedrückend, wie unverhohlen sie sich rassistisch, sexistisch und antisemitisch äußern. Sie grölen, pöbeln, mobben und prügeln - und halten alles auf Video fest. Dürfen diese jungen Menschen also eine Öffentlichkeit bekommen? Unbedingt, fand die Jury des Internationalen Leipziger Festivals für Dokumentar- und Animationsfilm und vergab den Hauptpreis im Deutschen Wettbewerb an "Lord of the Toys". Wichtiger noch als die Goldene Taube und das Preisgeld von 10.000 Euro ist für den Film aber der Diskurs, den DOK Leipzig mit dieser Wahl ausgelöst hat.

Schon bevor "Lord of the Toys" überhaupt gezeigt wurde, hatte der Film heftige Diskussionen ausgelöst. Den Filmemachern wurde vorgeworfen, einfach nur draufzuhalten, aber nichts einzuordnen, nichts zu kommentieren. Die gewählten filmischen Mittel taugen aber kaum als Kritikpunkt, wenn man davon ausgeht, dass Kinogänger mündig sind und sich ihre eigenen Gedanken machen können. Entlarvend genug sind die Szenen, die Yakov und Krummel ausgewählt haben, allemal.

Sie sind auch kritisch, weil sie die Gegenwart zeigen. Zeigen! Also kann man selbst sehen. Sehen! Eine Jugendkultur, die sich an ihrer Selbstverblödung ergötzt. Eine Jugendkultur, die sich einer erschreckenden Sprache bedient. Eine Jugendkultur, die aus Desinteresse und Langeweile in eine Form von Radikalität abdriftet - ohne sich dessen bewusst zu sein. Das ist die Wirklichkeit in Deutschland 2018.

Auf die Frage, ob die Filmemacher es dürfen, diese Wirklichkeit abzubilden, lautet die Antwort: Sie müssen es! Die Jury des Deutschen Wettbewerbs von DOK Leipzig fasste das in der Begründung mit den Worten "Er (der Film, d. Red.) hilft Leuten, zu kapieren, was woanders los ist." Treffender kann man es nicht sagen.

Weitaus weniger Kontroversen lösten die weiteren Gewinnerfilme aus, gleichwohl auch sie teilweise schmerzhafte Dokumente der Gegenwart sind. Die Italienerin Claudia Tosi gewann die Goldene Taube im Internationalen Wettbewerb Langfilm für "I had a dream" - ein Zehn-Jahres-Rückblick auf den Kampf von zwei italienischen Politikerinnen gegen den Zerfall der Demokratie in Italien. Der Film gewann zudem die Preise der interreligiösen Jury und des Fipresci-Verbandes der Filmkritiker.

Im Internationalen Wettbewerb Kurzfilm gewann Corina Schwingruber Ilic die Goldene Taube für den Dokumentarfilm "All Inclusive". "Egg" von Martina Scarpelli wurde als bester Animationsfilm ausgezeichnet. Die drei Leipziger Siegerfilme in den internationalen Wettbewerben sind automatisch für die Oscars qualifiziert. Insgesamt wurden bei DOK Leipzig in diesem Jahr 22 Preise mit einem Preisgeld von 78.500 Euro vergeben.

Von Andreas Fischer