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"Die Känguru-Chroniken"
Filmbewertung: enttäuschend
Starttermin: 05.03.2020
Regisseur: Dani Levy
Schauspieler: Dimitrij Schaad, Rosalie Thomass, Volker Zack
Entstehungszeitraum: 2019
Land: D
Freigabealter: 0
Verleih: X Verleih
Laufzeit: 92 Min.
Das müssen Sie über den Känguru-Hype wissen
Bis zum Jahr 2009 war das vermutlich frechste Känguru der Popkultur lediglich Hörern des Berliner Radiosenders Fritz ein Begriff. Dann veröffentlichte Autor, Liedermacher und Kabarettist Marc-Uwe Kling seine Textsammlungen aus der Radio-Comedy in Buchform: "Die Känguru-Chroniken" erschienen gedruckt sowie als Hörbuch und wurden zum Bestseller. Drei weitere Känguru-Bücher später findet der Hype nun seinen vorläufigen Höhepunkt: Ab 5. März erobert das kommunistische Beuteltier im Kinofilm "Die Känguru-Chroniken" auch die Kinoleinwand. Wir verraten Ihnen, was Sie über den Känguru-Hype wissen müssen!

Worum geht es überhaupt?

"Die Känguru-Chroniken" drehen sich um eine diskussionsfreudige Kreuzberger Zweier-WG. Der eine Mitbewohner ist der Ich-Erzähler und "Chronist" Marc-Uwe Kling selbst, der eine wenig ambitionierte Karriere als "Kleinkünstler" verfolgt. Der andere ist ein sprechendes Känguru, das plötzlich vor seiner Tür steht und sich innerhalb kürzester Zeit bei ihm einnistet. Marc-Uwe halluziniert nicht, auch wenn sein Psychiater das glaubt - das Känguru ist vollkommen real und zudem unheimlich vorlaut. Außerdem ist es glühender Kommunist und behauptet, einst beim Vietcong gekämpft zu haben. Auch ist es etwas faul und süchtig nach Schnapspralinen.

In den Büchern werden nach und nach Nebencharaktere eingeführt, die das Leben der beiden Protagonisten begleiten. Etwa die resolute Kneipenwirtin und Sprücheklopferin Herta. Oder Friedrich-Wilhelm und Otto-Von, zwei Brüder mit Migrationshintergrund und sehr integrationswilligen Eltern. Als Gegenspieler treten ab dem zweiten Teil unter anderem das Brüderpaar Jörg und Jörn Dwigs auf. Dass der Rechtspopulist Jörn ein Buch mit dem Titel "Ich bin ja kein Rassist, aber" geschrieben hat, ist ein für "Känguru-Chroniken"-Schöpfer Kling typischer humoristischer Kniff. Als großer Antagonist tritt schließlich der Pinguin in Erscheinung, der als spaßbefreiter und strebsamer Kapitalist für all das steht, was das Känguru ablehnt.

Wer kommt auf so eine Idee?

Marc-Uwe Kling wurde 1982 in Stuttgart geboren und ist seit 2003 auf Berliner Bühnen zu Hause. Dabei tritt er als Kabarettist und Kleinkünstler auf, unter anderem erlangte er als Poetry-Slammer Berühmtheit. Außerdem macht der Vollblut-Künstler Musik. Zuletzt veröffentlichte Kling mit seiner Band "Arbeitsgruppe Zukunft" 2019 ein Album. Auch abseits der Känguru-Bände ist er als Autor erfolgreich - so plant der US-amerikanische Pay-TV-Sender HBO derzeit eine Serienadaption seines Romans "QualityLand", in dem Kling eine Dystopie erschafft, in der selbst Beziehungen von Algorithmen optimiert werden.

Warum sind die "Känguru-Chroniken" Kult?

Die Bücher ziehen ihren Witz größtenteils aus den Diskussionen und Frotzeleien zwischen dem "Chronisten" Marc-Uwe und dem Känguru. Dabei werden haufenweise Running-Gags etabliert. Von Fans ganz besonders innig geliebt werden die falsch zugeordneten Zitate. Sogar Worte Jesu - "Dies ist mein Leib, der für euch hingegeben wird" - werden da kurzerhand Ex-Pornostar Gina Wild in den Mund gelegt.

Außerdem hagelt es nicht nur politische, sondern auch popkulturelle Verweise auf Filme und Musik. In gewitzte Dialoge verpackte Gesellschaftskritik beschäftigt sich unter anderem mit Arbeit, Konsum und Geschlechterrollen - und zeigt auf, was am Leben in einer leistungsorientierten und kapitalistischen Gesellschaft falsch läuft. Der Erfolg der Känguru-Geschichten liegt also in erster Linie darin begründet, dass hier vermeintlich komplexe soziale Gegebenheiten heruntergebrochen und in charmant-verrückte Comedy gepackt werden.

Wie tickt das Känguru?

Im erstaunlich geräumigen Beutel des Kängurus befinden sich allerhand nützliche und weniger nützliche Utensilien. Zum Beispiel ein Bolzenschneider oder eine Schrift von Marx. Das Tier gründet mit dem "Asozialen Netzwerk" eine "Anti-Terror-Organisation", die sich laut Känguru gegen den Terror von Medien, Regierung und Wirtschaft stellt. Da sich diese Institutionen als vermeintlich sozial verkaufen, könne wirklich Soziales im Umkehrschluss nur asozial sein. Durch "Anti-Terror-Anschläge" wird versucht, diverse Organisationen zu sabotieren. Auch ein Boxclub, angelehnt an den Film "Fight Club", wird vom Känguru ins Leben gerufen. Nebenbei hat es noch allerhand verrückte Geschäftsideen und verfasst gerne Manifeste.

Was wurde zum Känguru veröffentlicht?

Auf das 2009 erschienene Buch folgten mit dem "Känguru-Manifest" und der "Känguru-Offenbarung" weitere Bände, die zwar den episodischen Erzählstil fortsetzten, aber statt auf abgeschlossene Kurzgeschichten auf eine zusammenhängende Story bauten. War Teil drei zunächst als offiziell letzter Band angekündigt, legte Marc-Uwe Kling 2018 mit den "Känguru-Apokryphen" nach, die wieder zum Stil des ersten Buchs zurückkehrten. "Die Känguru-Chroniken" wurden inzwischen sogar ins Englische, Niederländische, Dänische und Französische übersetzt und erhielten den Deutschen Hörbuchpreis 2013.

Abgesehen von den Büchern in gedruckter oder hörbarer Form wird das Känguru auch auf anderen Wegen vermarktet. Die falsch zugeordneten Zitate finden sich auf einem Kalender ebenso wie in einem Gesellschaftsspiel wieder. Auch ein Exit-Game und ein Kartenspiel sind bisher zur Reihe erschienen. Längst wurde der Stoff außerdem für die Theaterbühne adaptiert. "Anti-Terror-Anschläge" nun auch ins Kino zu tragen, scheint also der logische Schritt zur weiteren Expansion des Känguru-Universums.

Wer ist im Film dabei?

Marc-Uwe Kling ließ es sich nicht nehmen, sowohl das Drehbuch zur Verfilmung seiner "Känguru-Chroniken" zu schreiben als auch das animierte Beuteltier zu synchronisieren. In der von Regisseur Dani Levy ("Alles auf Zucker") inszenierten Komödie wird Kling selbst hingegen von Dimitrij Schaad verkörpert. In weiteren Rollen sind unter anderem Rosalie Thomass, Henry Hübchen und Tim Seyfi zu sehen.

Von Christopher Schmitt