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"Tenet": Rettet Christopher Nolans neuer Film das Kino aus der Krise?
Kaum eine menschliche Eigenschaft ist in diesen Tagen so gefragt wie die Zuversicht. Den deutschen Kinobetreibern aber dürfte es immer schwerer fallen, zuversichtlich in die Zukunft zu blicken. Jede Woche, so schätzt der Branchenverband HDF Kino, machen die Filmtheater einen Verlust von 17 Millionen Euro. Und ein Ende ist noch nicht absehbar. In einigen wenigen Bundesländern dürfen die Kinos zwar im Mai wieder öffnen - andere Länder aber wollen vorerst nicht nachziehen. Die Kultur, sie scheint auf der Prioritätenliste der Ministerpräsidenten sehr weit unten zu stehen. Dabei haben Kinobetreiber längst Konzepte vorgelegt, um Hygienemaßnahmen zu gewährleisten - freie Plätze etwa, aber auch ein häufigeres Lüften der Säle. Während dem Kino derzeit das Publikum fehlt, dürfte es nach einer Wiedereröffnung aber an etwas anderem mangeln: großen Filmen.

Natürlich: Zunächst könnten Filme gezeigt werden, die kurz vor der Krise angelaufen waren. Auch kleinere Produktionen, vor allem aus Deutschland, dürften schnell wieder Starttermine erhalten. Hollywood aber hält sich wohl noch eine Weile mit Neuveröffentlichungen zurück. Dass Disney etwa seine lang erwartete Realverfilmung "Mulan" nur hierzulande in die Kinos bringt, während in den USA und in anderen Länder die Theater noch geschlossen sind, scheint äußerst unwahrscheinlich. Andere Blockbuster wurden bereits weit in die Zukunft verschoben - der neue James-Bond-Film beispielsweise startet frühestens im November, "Fast & Furious 9" läuft gar erst ein Jahr später als ursprünglich geplant.

Eine der wenigen Großproduktionen, die überhaupt noch einen Starttermin in den nächsten Monaten haben, ist "Tenet". Die australische National Association of Cinema Operators, die die großen Multiplexkinos des Landes vertritt, kündigte bereits an, Mitte Juli mit dem neuen Film von Regisseur Christopher Nolan wiedereröffnen zu wollen. Man setze darauf, dass der Thriller die Kinos aus der Krise führen könnte, berichtet der "Hollywood Reporter". Und tatsächlich: Wenn ein Film das Potenzial hat, die Menschen wieder in die Filmtheater zu locken, dann wohl "Tenet".

Per Zeitreise für den Frieden

Worum es in dem Film geht, ist noch weitgehend unbekannt. Im Zentrum von "Tenet" soll ein Geheimagent stehen, gespielt von John David Washington, der mittels Zeitreise einen dritten Weltkrieg verhindern muss. Schlimmer als der nukleare Holocaust sei das, was die Menschheit erwarte, heißt es nebulös in einem ersten Trailer, der Ende 2019 veröffentlicht wurde. "Tenet" - das Palindrom bedeutet "Lehre" oder "Grundsatz" - ist offenbar eine Art Passwort, das der Agent zur Erfüllung seiner Mission benötigt.

Die Bilder, die der gut zweiminütige Trailer zeigt, sind gewaltig. Gedreht wurde "Tenet" von Kameramann Hoyte van Hoytema ("Ad Astra", "Dunkirk") auf 70mm-Film und im IMAX-Format. Auf dem kleinen Fernsehbildschirm daheim kann so etwas freilich kaum Wirkung erzielen - "Tenet" braucht die große Leinwand. Ohne die Kinos, schrieb Nolan kürzlich in einem Beitrag für die "Washington Post", sei seine Arbeit unvollständig. Das Gemeinschaftsgefühl, das sich bei vielen in der Corona-Krise einstelle, sei auch essenzieller Bestandteil der Kinoerfahrung.

"Tenet" bietet große Stars - neben Newcomer John David Washington ("BlacKkKlansman") sind unter anderem Robert Pattinson, Michael Caine und Kenneth Branagh zu sehen. Mehr als 200 Millionen US-Dollar soll der futuristische Thriller gekostet haben. Dass der Film ein Erfolg wird, scheint ausgemacht. Mit "Dunkirk" drehte Nolan zuletzt den erfolgreichsten Film, der je über den Zweiten Weltkrieg gemacht wurde; "Interstellar" spielte zuvor das Vierfache seines Budgets ein, die "Dark Knight"-Filme waren sogar noch erfolgreicher. Derzeit, so heißt es, arbeitet Nolan am Feinschliff von "Tenet". Ob der Film wirklich am 16. Juli in die deutschen Kinos kommen kann, entscheidet dann aber doch: Corona.

Von Sven Hauberg