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Am 11. April wäre Bernd Eichinger 70 Jahre alt geworden
Süchtig nach Filmen
Der Tod kam überraschend bei einem Abendessen mit Familie und Freunden in Los Angeles. In Deutschland schlug die Schreckensnachricht vom 24. Januar 2011 wie eine Bombe ein. Bernd Eichinger, der das Glück hatte, unter 400 Bewerbern zum ersten Regie-Jahrgang an der neu gegründeten Münchner Hochschule für Fernsehen und Film zu gehören, wurde lange Zeit als Außenseiter des Neuen Deutschen Films belächelt. Doch schon sein Hochschul-Bewerbungsfilm war anspruchsvoll. "Die Sonne schien, da sie keine andere Wahl hatte, auf nichts Neues", hieß der nach einem Beckett-Zitat und bezog sich auf die Internatszeit Eichingers, der 1949 bei Neuburg an der Donau geboren wurde.

Schon an der Filmhochschule betätigte Bernd Eichinger sich als Produktions- und Aufnahmeleiter, wie auch danach bei der Produktionsgesellschaft Bavaria und beim BR. Produzent schien Eichingers eigentliches Metier. 1974 gründete er seine erste eigene Produktionsgesellschaft. Es sei in einer Zeit gewesen, so erinnerte er sich später, in der das Kino "keine große Rolle" spielte. Das Fernsehen regierte. "Und es gab nur eine Art von Filmen, die mich nicht interessierte."

Fünf Jahre später übernahm er die in Insolvenz gegangene Verleihfirma Constantin Film, die er über Jahrzehnte hinweg mit gigantischen Publikumserfolgen prägte. Literaturverfilmungen standen im Vordergrund, darunter "Christiane F. - Wir Kinder vom Bahnhof Zoo" 1979, aber auch Filme wie "Die unendliche Geschichte" nach Michael Ende, "Das Geisterhaus" nach Isabel Allende, "Der Name der Rose" nach Umberto Ecco, und vor allem "Das Parfüm" nach Patrick Süskind, 2006.

Der Freund Helmut Dietl setzte ihm mit der Figur des begierigen Erfolgsproduzenten in seinem Schwabing-Film "Rossini" 1997 ein Denkmal. Eine tragikomische Satire auf das Filmgeschäft und die Zeiten der dort beheimateten Bonvivants. Den Kinoerfolg stets im Visier, schreckte Eichinger aber auch vor Unterhaltungsfilmen wie "Manta Manta" oder gar "Ballermann 6" nicht zurück. Die Momentaufnahme aus dem Führerbunker "Der Untergang" (Produzent und Drehbuch) führte er zuvor zu einem heiß diskutierten Erfolg. Die Frage, ob man Hitler als Mensch zeigen darf, wurde ihm seinerzeit vielfach gestellt. Eichinger entgegnete, etwa im Interview mit der Agentur teleschau: "Natürlich ist Hitler ein Mensch. Aber er ist nicht menschlich. Er kann zwar freundlich und sogar zuvorkommend sein. Aber er entbehrt jeglichen menschlichen Charakterzügen", sagte Eichinger über jenen Film, der ihn mehr als andere eine Herzensangelegenheit als Produzent war.

"Endlose Leidenschaft, Menschen zu unterhalten"

Dass er aber auch Regie konnte, bewies Bernd Eichinger mit "Das Mädchen Rosemarie" bereits 1996 mit seiner zeitweiligen Lebensgefährtin Nina Hoss in der Rolle der Frankfurter Lebedame Rosemarie Nitribitt zur Wirtschaftswunderzeit.

In späteren Jahren, noch mehr aber nach seinem frühen Tod, wurde Eichinger, vielfacher Träger des Deutschen Filmpreises, mit Nachruhm überhäuft. "Bernd Eichinger war vielleicht der größte und originellste Filmemacher der deutschen Nachkriegsgeschichte - vielleicht der einzige von wirklichem Weltformat", sagte der Direktor der Deutschen Filmakademie, Jan Schütte, Mit ihm habe die deutsche Filmwelt nicht nur einen Produzenten, "sondern auch eine eigene Stimme" verloren. In 30 Jahren produzierte Eichinger mehr als 70 Filme. Er selbst bezeichnete sich als "filmsüchtig". "Zwei bis drei Filme" habe er lange Zeit pro Nacht gesehen.

Eichinger sei als Produzent "eine einmalige Mischung aus leidenschaftlicher Neugierde, Schlacht-erprobtem Selbstvertrauen, kluger Teamfähigkeit und Furchtlosigkeit" zu eigen gewesen, erinnert sich der heutige Constantin-Chef Martin Moszkowicz anlässlich des 70. Geburtstags. "Am meisten fehlt aber die endlose Leidenschaft und die klare Zielsetzung, Menschen zu unterhalten."

Von Wilfried Geldner