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George Lucas zum 75. Geburtstag
Bis zu den Sternen und noch viel weiter
Nur wenige Kreative haben die Filmbranche derart nachhaltig verändert wie George Lucas: Inspiriert von Serials wie "Flash Gordon" und "Buck Rogers", aber auch von den Samurai-Epen Akira Kurosawas, entwickelte der US-Amerikaner Anfang der 70er-Jahre den Wunsch, eine Space Opera zu inszenieren, wie sie die Welt noch nicht gesehen hatte - und es sollte ihm gelingen. Das Jahr 1977 markiert die Geburtsstunde des größten popkulturellen Phänomens aller Zeiten: "Star Wars". Auch wenn die Produktion des Filmes alles andere als glatt lief und niemand so recht an einen Erfolg glaubte, geriet die Space Fantasy zu einem der prägendsten Werke der Filmgeschichte. Die Sci-Fi-Mär handelte vom ewigen Kampf Gut gegen Böse und faszinierte mit ihren originellen Schauwerten: "Star Wars" wurde einer der größten Kassenhits aller Zeiten, erhielt zehn Oscarnominierungen und gewann sieben der begehrten Trophäen. Die Veröffentlichung von Lucas' Epos gilt, zusammen mit Steven Spielbergs "Der weiße Hai" (1975), als Geburtsstunde des Blockbusterkinos. Am 14. Mai wird der Filmemacher 75 Jahre alt.

George Walton Lucas Jr. erblickte 1944 in Modesto, Kalifornien, das Licht der Welt. Als Jugendlicher wollte er zunächst Profi-Rennfahrer werden. Nachdem er bei einem Unfall im Alter von 18 Jahren beinahe ums Leben gekommen wäre, entschied er sich jedoch um - zum Glück für die Filmwelt. Nachdem Lucas seinen Traum von der Rennfahrerkarriere beerdigt hatte, begann er ein Studium der Anthropologie, Soziologie und Literatur. Nebenbei experimentierte er mit einer 8-mm-Kamera und kam mit dem europäischen Autorenkino François Truffauts, Federico Fellinis und Jean-Luc Godards in Berührung. Eine neue Leidenschaft war geboren: die Liebe zum Film. So entschied sich der junge Mann, sein Glück an einer anderen Uni zu versuchen. Lucas schrieb sich an der Filmhochschule ein.

Schon immer war er beeindruckt von den visuellen Möglichkeiten filmischen Erzählens und sah sich laut eigenen Angaben mehr als Filmemacher denn als Regisseur. Kamera und Schnitt sollten ihn mehr faszinieren als Schreiberei und Schauspielführung. Nach seinem Bachelorabschluss studierte Lucas Filmproduktion. Der erste Preis bei einem studentischen Kurzfilmwettbewerb sollte ihm weitere Türen in der Filmbranche öffnen: Er durfte Francis Ford Coppola ("Der Pate", "Apocalypse Now") bei der Arbeit assistieren und gründete kurze Zeit später das unabhängige Filmstudio American Zoetrope mit ihm.

Auf dem Weg zum Film-Olymp

1971 schrieb und inszenierte Lucas seinen ersten Langfilm, "THX 1138". Die dystopische Science Fiction war kein großer Erfolg, doch es zeigte sich bereits damals, worin Lucas' Kompetenzen lagen: in der Bildsprache. Heute gilt der Film als Genre-Kleinod, das viele nachfolgende Regisseursgenerationen inspirierte. Vom Misserfolg ließ sich der junge Kalifornier nicht unterkriegen. Er hob seine eigene Produktionsfirma aus der Taufe und nannte sie "Lucasfilm". Mit dem ersten Film des Studios, dem nostalgischen Coming-of-Age-Klassiker "American Graffiti", sollte er 1973 endlich den Durchbruch in Hollywood schaffen. An den Kinokassen war der für ein Mini-Budget gedrehte Film ein gigantischer Erfolg, der zudem für fünf Oscars nominiert wurde.

Nachdem "Star Wars" dieses Ergebnis sogar um ein Vielfaches übertraf, standen Lucas nahezu alle Türen offen - er hatte die Traumfabrik regelrecht erobert. 1980 und 1983 kamen die Fortsetzungen der Sternenkriegssaga in die Kinos: "Das Imperium schlägt zurück" und "Die Rückkehr der Jedi-Ritter". Das Regiezepter gab Lucas bei beiden Filmen ab, und auch die Drehbücher schrieb er nicht mehr selbst. Er arbeitete nur noch als Autor der jeweiligen Story-Vorlagen und als Produzent am Franchise mit. Mit seinem Freund Steven Spielberg begann er parallel dazu eine äußerst fruchtbare Zusammenarbeit: Die beiden Filmemacher brachten im Jahr 1981 den Abenteuerfilm "Jäger des verlorenen Schatzes" in die Kinos und hievten damit ein weiteres popkulturelles Phänomen auf die große Leinwand: Indiana Jones. In allen vier Teilen der Reihe führte Spielberg Regie, Lucas lieferte jeweils die Storyvorlage und produzierte.

Ein streitbarer Geist

Anderen Filmen, an denen Lucas als Autor und Produzent in den nachfolgenden Jahren mitwirkte, waren, wenn überhaupt, nur bescheidene Erfolge vergönnt. 1999 sollte er dann nach über zwei Jahrzehnten Regie-Abstinenz erstmals wieder einen Film inszenieren und komplett selbst schreiben: "Star Wars - Episode I: Die dunkle Bedrohung". An den Kinokassen war die Vorgeschichte der Sternensaga ein bombastischer Erfolg, Kritiker und hartgesottene Fans aber hatten sich nach anderthalb Jahrzehnten des Wartens mehr erhofft. "Vielleicht bin ich an einigen Stellen zu weit gegangen", soll Lucas nach einer ersten internen Testvorführung gesagt haben.

Auch mit den folgenden Episoden, "Angriff der Klonkrieger" (2002) und "Die Rache der Sith" (2005), konnte er zumindest qualitativ nicht mehr an vergangene Glanzzeiten anknüpfen - auch wenn die sogenannte Prequel-Trilogie das "Star Wars"-Universum durchaus um neue Ideen erweiterte. Geschrieben hat Lucas einfach nicht gerne, zumindest keine Dialoge. "Aufs Papier bluten" nannte er die Schreiberei argwöhnisch. Harrison Ford, der als Han Solo in "Star Wars" und als Titelheld der "Indiana Jones"-Reihe mit Lucas zusammengearbeitet hatte, soll ihm einst gesagt haben: "George, so einen Mist kann man vielleicht in eine Maschine tippen, aber sprechen kann man es auf gar keinen Fall." Vielleicht war Lucas schon immer mehr Technik-Pionier denn Dramaturg.

Lucas hat sich aus dem Filmgeschäft seit geraumer Zeit weitgehend zurückgezogen. Ohnehin stand der eher introvertierte, nachdenkliche Querkopf nie gerne in der Öffentlichkeit. Details aus seinem Privatleben behielt er meist für sich. Vielleicht rührt daher auch seine angebliche Scheu, als Regisseur klare Ansagen am Set zu erteilen. Noch heute wird gescherzt, Lucas habe seinen Stars kaum mehr als schwammige Anweisungen wie "more intense!" gegeben.

Das Vermächtnis

Fanfilme, Romane, Comics, Animationsserien - Lucas sagte selten nein und ließ die weltweite Liebe zu "Star Wars" gedeihen. Zum Milliardär wurde er nicht nur aufgrund seiner filmischen Erfolge, sondern wegen eines anderen Talents: Lucas ist ein genialer Unternehmer. Er sicherte sich von Anfang an die Merchandise-Rechte an allem rund um "Star Wars". Die Fox-Studiobosse traten sie bereitwillig an ihn ab, weil sie weder an den Erfolg des Filmes glaubten, geschweige denn an eine lukrative Vermarktung von Actionfiguren. Die aktuelle Trilogie der Space-Fantasy-Saga betreut Lucas als kreativer Berater.

In der vergangenen Dekade tat sich Lucas als Wohltäter hervor: 2010 schloss er sich einer Kampagne von Bill Gates und Warren Buffett an und setzte sich zum Ziel, die Hälfte seines Vermögens karitativen Zwecken zukommen zu lassen. Vielleicht liegt dies auch ein Stück weit in seiner Weltanschauung begründet: Lucas betrachtet sich selbst als gläubigen Menschen, der sich sowohl am Methodismus als auch am Buddhismus orientiert - letzterer inspirierte ihn maßgeblich bei der Erschaffung der fiktiven Religion in "Star Wars".

Heute lebt Lucas zurückgezogen mit seiner zweiten Frau Mellody Hobson auf der "Skywalker-Ranch" im kalifornischen Marin County. 2013 sind die beiden per Leihmutter stolze Eltern einer Tochter geworden, für Lucas war es bereits das vierte Kind. Man mag von diesem schwierigen und eigenwilligen Genie halten, was man möchte, doch eines muss man ihm zugutehalten: George Lucas hat die Filmwelt mit "Star Wars" revolutioniert und bereichert - so, wie kein anderer Regisseur vor ihm.

Von Markus Schu